Wenn Du Dich als Friseur für die Selbstständigkeit entschieden hast, musst Du nicht zwingend direkt einen Haufen Geld in Deinen eigenen Salon investieren. Neben dem Aufbau eines eigenen Friseursalons hast Du die Möglichkeit, mittels Friseur-Stuhlmiete zunächst einmal in die Selbstständigkeit hineinzuschnuppern. Das heißt, Du mietest in einem bereits bestehenden Betrieb lediglich einen einzelnen Stuhl, um Deine Friseurdienstleistungen von dort aus anzubieten. Diese Möglichkeit bietet insbesondere Einsteigern viele Vorteile, bevor diese sich in die Höhle der Löwen begeben. Allerdings birgt die Stuhlmiete im Berufsfeld des Friseurs auch Risiken, und auf diese wollen wir mit folgendem Artikel aufmerksam machen.
Was genau bedeutet die „Stuhlmiete“ für Dich als Friseur?
Die „Stuhlmiete“ als Friseur ist keineswegs ein neuer Trend – auch wenn das Mieten eines einzelnen Stuhls in Deutschland bisher eher weniger eine Option war. In vielen anderen Ländern ist die Stuhlmiete bereits seit geraumer Zeit ein gängiges Geschäftsmodell. Das heißt, ein Saloninhaber stellt einen oder auch mehrere seiner Stühle in seinem Salon zur Verfügung und vermietet diese an selbstständige Friseure von außerhalb. Das Wort „selbstständig“ spielt hierbei eine zentrale Rolle. Denn auch wenn der Saloninhaber seine Stühle zur Verfügung stellt und Du von seinem Salon aus arbeitest, heißt das nicht, dass er in irgendeiner Form für Dich verantwortlich ist. Mietest Du Dir einen Friseurstuhl, bist Du in gleichem Maße selbstständig wie mit einem eigenen Friseursalon. Das Gleiche gilt auch, wenn Du diesen Stuhl als selbständiger Kosmetiker mietest.
Dennoch bietet die Stuhlmiete einen guten Startpunkt in die Selbstständigkeit, sodass Du von dort aus Dein eigenes Geschäft mit vergleichsweise geringem Kapitaleinsatz starten kannst. Je nach Vereinbarung mit dem Saloninhaber musst Du eventuell nicht einmal eigene Produkte und Geräte erwerben und darfst die des Saloninhabers mitbenutzen.
Allerdings geht es bei einer solchen Vereinbarung nicht nur darum, ob Du mit der Stuhlmiete auch die Produkte und Geräte des Saloninhabers nutzen darfst. Wichtige Vertragsbedingungen wie die Miethöhe, sonstige Kosten (Rezeption, Buchhaltung, Produkte, Reinigung, Wäsche), Arbeits- und Öffnungszeiten, Verkaufsware, Kabinettware, Mitnutzung des Personals (Azubis, evtl. Aushilfen) sowie die eventuelle Mitnutzung von Telefon, Kartenzahlungsterminal und Kassensoftware sollten bei der Stuhlmiete ebenfalls vertraglich festgehalten werden.
Versteckte Gefahren in der Stuhlmiete – vermeide eine Scheinselbstständigkeit
Eine Scheinselbstständigkeit liegt nach § 7 Absatz 4 SGB IV dann vor, wenn Du zwar nach der zugrunde liegenden Vertragsgestaltung selbstständige Dienst- oder Werkleistungen für ein fremdes Unternehmen erbringst, tatsächlich aber Arbeiten in einem nicht selbstständigen Arbeitsverhältnis leistest.
Nutzt Du den Salon also im Grunde genauso wie ein Arbeitnehmer des Saloninhabers, kann es sein, dass die Sozialversicherungsträger davon ausgehen, dass diese Stuhlmiete und die damit einhergehende Selbstständigkeit nur „inszeniert“ wurden, um die Lohnsteuer, Sozialbeiträge oder sonstige arbeitsrechtliche Verpflichtungen zu vermeiden. Die Versicherungen schöpfen vor allem dann Verdacht, wenn ehemalige Arbeitnehmer des Saloninhabers plötzlich zu selbstständigen Stuhlmietern werden.
Das große Problem dabei: Bei einem „inszenierten“ Vertragsabschluss kann die Zusammenarbeit rückwirkend zu einem Arbeitsverhältnis erklärt werden. Sollte das passieren und das Vertragsverhältnis wird von den Behörden rückwirkend als Scheinselbstständigkeit eingestuft, müssen Saloninhaber und Stuhlmieter die Sozialbeiträge und Steuern der letzten vier Jahre zurückzahlen. Lässt sich bei den Betroffenen ein Vorsatz nachweisen, kann sich die Rückzahlung sogar auf bis zu 30 Jahre ausweiten.
Ferner bist Du als Friseurstuhl-Mieter, wie bereits erwähnt, in vollem Umfang selbstständig. Du betreibst im entsprechenden Friseursalon also Deinen eigenen Mini-Salon und bist somit ein Mini-Saloninhaber. Aufgrund dessen gilt für Dich, dass Du Deine Meisterprüfung im Friseurhandwerk absolviert und bestanden haben musst. Außerdem musst Du Deinen Mini-Salon als Gewerbe anmelden.
Brauche ich für die Stuhlmiete einen Businessplan?
Zwar ist die Erstellung eines Businessplans weder eine generelle Pflicht, noch unterliegt er bestimmten formalen Richtlinien. Dennoch empfiehlt es sich auch im Falle einer Stuhlmiete einen Businessplan auszuarbeiten. Ganz einfach aus dem Grund, weil ein Businessplan Dir dabei hilft, Deine Möglichkeiten und Chancen realistisch einschätzen zu können. Der Businessplan dient also in erster Linie als Steuerungsinstrument.
Für potenzielle Geldgeber wie Banken oder private Investoren ist der Businessplan mittlerweile sogar eine Voraussetzung, um eine Investition zu genehmigen. Denn nur anhand eines solchen Planungsinstrumentes können die Investoren abwägen, ob sich das Geschäft in Zukunft lohnen wird.
Nun wirst Du Dir aber vielleicht denken, dass Du Dir nur einen Stuhl mieten und nicht einen eigenen Salon aus dem Boden stampfen möchtest. Aber auch hier gilt der Businessplan als Grundpfeiler Deiner Selbstständigkeit, denn mit hoher Wahrscheinlichkeit wird die Stuhlmiete in einem Salon nicht das endgültige Ziel Deiner Reise in die Selbstständigkeit sein, oder? Du benötigst also auch als Stuhlmieter einen gut ausgearbeiteten Businessplan, um Deine Friseurdienstleistungen und Ziele langfristig mit Erfolg ausüben und verfolgen zu können.
Kosten einer Stuhlmiete
Als Nächstes stellt sich Dir vermutlich die Frage bezüglich der Kosten einer Stuhlmiete. Diese Frage lässt sich pauschal nur schwer beantworten, da jeder Saloninhaber seine Mietkosten selbst bestimmen darf. Wie genau sich Deine Stuhlmiete bemisst, vereinbarst Du mit dem Saloninhaber innerhalb des Vertragsabschlusses im Voraus. Hierzu gibt es im Grunde zwei gängige Möglichkeiten: Entweder vereinbart ihr eine fixe Miete für die anteilige Salonnutzung oder ihr einigt Euch auf eine Umsatzbeteiligung für den Saloninhaber. Für Letzteres gibt es in der Regel dann auch eine Mindestumsatzregelung.
Die feste Stuhlmiete hingegen setzt sich in den meisten Fällen aus der genutzten Quadratmeterzahl und Deinen gewählten Öffnungszeiten zusammen. Je nach Lage und Preisklasse des Salons kannst Du mit etwa 25 € bis 75 € Stuhlmiete pro Tag rechnen. Sollte Deine Stuhlmiete höher sein, ist in der Regel auch das allgemeine Preissegment des Salons und somit die Zahlungsbereitschaft der Kunden höher.
Du möchtest einen Stuhl mieten – finde den richtigen Saloninhaber
An dieser Stelle möchten wir noch einmal erwähnen, dass Du innerhalb einer Stuhlmiete im selben Maße selbstständig bist wie mit einem eigenen Friseursalon. Das heißt, die Wahl des richtigen Salons für Deine Miete sollte dementsprechend gewählt werden. Einer der wichtigsten oder sogar der wichtigste Aspekt ist die Lage des Salons, und die muss weise gewählt werden! Mache Dir ausführliche Gedanken darüber, welche Art von Friseurdienstleistung Du anbieten möchtest und wähle die Lage des Salons infolgedessen aus. Will sagen, ein Cut & Go-Salon in einem ruhigen Vorort ist ebenso fehl am Platz wie ein Luxussalon im nächstgelegenen Gewerbegebiet. Und auch wenn Du es wahrscheinlich kaum erwarten kannst, endlich Deine Schere in die Hand zu nehmen und an Deiner selbstständigen Zukunft zu schnippeln, tu Dir einen großen Gefallen und überstürze die Wahl des Friseursalons nicht.
Investiere zunächst ein wenig Zeit in eine ausführliche Standortanalyse. Das heißt, Du analysierst sowohl geografische und wirtschaftliche als auch demografische Faktoren der Umgebung. Die meisten dieser Informationen kannst Du entweder bei den örtlichen Behörden oder manchmal sogar auf der offiziellen Internetseite einer Stadt beziehungsweise Gemeinde einsehen. Die Gesellschaft für Konsumgüterforschung (GfK) dient ebenfalls als Quelle solcher Informationen. Allerdings kostet eine solche Abfrage um die 500 Euro. Ferner sollte die Anzahl der Mitbewerber, der Einwohner, der Singlehaushalte, die Kaufkraft, die Miethöhe, die Arbeitslosenquote und die Altersstruktur in Deine Analyse mit einfließen.
Die Standortanalyse solltest Du keinesfalls auf die leichte Schulter nehmen. Denn eine Fehlentscheidung oder ein überstürztes Handeln kann jahrelange Konsequenzen nach sich ziehen, da es sich negativ auf Deine künftige Existenzgrundlage auswirken kann.
Checkliste für Deine Stuhlmiete: Das solltest Du auf keinen Fall vergessen!
- handwerksrechtliche Voraussetzungen. Sprich, Meisterbrief für die Ausübung Deiner Friseurtätigkeit
- Friseurdienstleistungen in die Handwerksrolle bei der Handwerkskammer eintragen lassen (ansonsten wäre die Ausübung Deines Handwerks unzulässig und im schlimmsten Fall droht die Schließung Deines Betriebes) und Dein Gewerbe beim Gewerbeordnungsamt anmelden
- abschließen einer eigenen Betriebshaftpflichtversicherung
- Zahlung Deiner Haftpflichtrentenversicherung
- eventuell zusätzliche Krankenversicherung abschließen (nicht verpflichtend, aber empfehlenswert).
- festlegen Deiner Öffnungs- und Arbeitszeiten
- Kundenakquise und Koordinieren Deiner Termine
- Kassenführung
- eine einfache handliche Kasse mit integrierter Kartenzahlung wie das orderbird MINI
- Erstellung einer Kostenübersicht
- Planung Deines Unternehmensauftritts (Logo, evtl. Webauftritt, Schild vor dem Salon etc.).
- Vermarktung Deines Unternehmens
- Produkteinkauf, sofern Du nicht die Produkte des Saloninhabers mitverwendest