Aller Anfang ist schwer: im zweiten Teil unseres Interviews sprechen wir mit Gastro-Experte und Jury Mitglied Till Riekenbrauk über Stolpersteine, Startschwierigkeiten, Street-Food und die beste Starthilfe auf dem Weg zur eigenen Gastronomie.
Du hast einen besonders tiefen Einblick in die Gastro-Gründer Szene. Woran scheitern Jung-Gastronomen im Allgemeinen Deiner Meinung nach am häufigsten?
Gastronomen scheitern schon an ihren Einstiegs-Motiven. Damit meine ich, dass diejenigen, die in die Gastronomie wollen, nur um Geld zu verdienen, wahrscheinlich auf die Nase fallen werden. Dabei sind vor allem die Gastronomie-Einsteiger, die schon etwas älter sind, oft genau dieser Kategorie zu zu ordnen. Die meist jungen und idealistischen Gründer haben meiner Meinung nach mit dem richtigen Support die besten Chancen.
Du hast die Wahl: eine mittelmäßige Idee mit einer exzellenten Planung oder eine exzellente Idee mit einer mittelmäßigen Planung. Wie entscheidest Du Dich?
Fiese Frage. Ich denke grundsätzlich ist das Konzept das Wichtigste. Eine gute Idee perfekt umgesetzt ist mir natürlich am liebsten. Aber leider sieht man gerade in der Systemgastronomie, dass oft auch mittelmäßige Ideen mit guter Umsetzung funktionieren.
“Man hat auf einmal die Möglichkeit in kurzer Zeit Hochwertiges zu essen.”
Wie schwierig gestaltet sich die Übergabe von einem LADEN EIN Projekt zum anderen?
Das ist zum Glück nach 33 Wechseln durch unsere Hilfe sehr optimiert worden . Aber es ist trotzdem immer wieder aufregend. Jeder Anbieter hat neue und andere Themen. Aber mittlerweile bereiten wir die Anbieter so gut vor, dass die Wechsel, die ja innerhalb von 24 Stunden stattfinden müssen, reibungslos ablaufen.
Muss sich ein Gastronom heutzutage immer wieder neu erfinden, um erfolgreich zu sein?
Eine gewisse Orientierung an den aktuellen Food Trends und Themen ist bestimmt nicht verkehrt. Aber es macht auch keinen Sinn, jedem Trend hinterher zu rennen. Man muss immer genau gucken, ob es Sinn macht, sein Konzept zu verändern oder anzupassen. Es gibt wenige zeitlose Konzepte, aber wenn man sich ständig ändert, ist das für den Gast auch verwirrend.
Inwiefern unterscheidet sich die Gastro-Szene Kölns von der anderer deutscher Großstädte? Ist das Konzept des LADEN EIN auch in Berlin denkbar?
Die Gastroszene in Köln unterscheidet sich mit Sicherheit. Jede Großstadt hat andere, aber auch ähnliche Themen und Trends. Wir haben diese Woche unseren zweiten LADEN EIN in Düsseldorf aufgemacht. Mal schauen, wie das so läuft. Insgesamt glaube ich, dass jede Großstadt die Bühne für Nachwuchsgastronomen – die der LADEN EIN ist – gut gebrauchen kann. Allein schon um den Nachwuchs zu fördern. Gerade Berlin hat durch die Markthalle 9 und die kulturelle Vielfalt so viele spannende gastronomische Nachwuchs-Konzepte. Diesen Konzepten auf dem Weg zum eigenen Restaurant eine Hilfestellung zu bieten – das kann der LADEN EIN leisten.
“Die meist jungen und idealistischen Gründer haben meiner Meinung nach mit dem richtigen Support die besten Chancen.”
Dich erreichen über 30 Bewerbungen pro Monat. Was glaubst Du, warum wird das Thema “Regionale Küche” immer attraktiver für Gründer?
Im Endeffekt ist es ja so, dass das Thema Herkunft für den Gast eine immer größere Rolle spielt. Der Gast ist aufgeklärter und informierter als in der Vergangenheit. Wenn wir eine Speisekarte veröffentlichen und keine Herkunft beim Fleisch ausweisen, dann fragt meistens direkt einer nach. Insofern wird das Thema immer wichtiger, weil der Gast ein Bewusstsein entwickelt hat.
Wie beeinflusst der Bewusstseinswandel im Bezug auf qualitatives Essen die Fast-Food-Küche?
Das ist ja genau mein Thema. Ich liebe es, wie man heute in der Kategorie “Fast-Food-Restaurant” oder “Imbiss” Qualität serviert bekommt. Damit meine ich nicht, dass MC Donalds versucht mit einem MC Bio irgendwen an der Nase herumzuführen, sondern, dass man heute nicht mehr zum Mittagessen eine fettige anonyme Currywurst essen muss. Man hat auf einmal die Möglichkeit in kurzer Zeit Hochwertiges zu essen. Ich denke, dass die beschleunigte Gesellschaft ohnehin vermehrt auf dieses Konzept zurück greifen wird. Man hat weniger Zeit, aber ist gleichzeitig qualitätsbewusst.
Haben Street-Food-Märkte/Festivals die ursprüngliche Bedeutung des Begriffs “Fast-Foods” aus Deiner Sicht nachhaltig verändert?
Ich denke, der Trend ging Hand in Hand mit den vielen Eröffnungen von hochwertigen Burger-Buden. Dieses Parade-Beispiel “wie setze ich ein Thema, das sonst nur von der Großindustrie behandelt wurde, in hochwertig um” hat auch viel dazu beigetragen, den Begriff Fast Food positiver zu gestalten. Aber die Street- Food- Festivals haben überhaupt dafür gesorgt, dass kreative Anbieter sich einem breiten Publikum präsentieren können – und das ganze ohne viel Aufwand und hohe Kosten. Das hat auf jeden Fall dazu beigetragen, dass der Ruf des Fast Foods verbessert wurde. Leider tragen aber auch aktuell viele Kirmes-Anbieter und Flohmarkt- Veranstalter durch den inflationären Gebrauch des Begriffs Street-Food dazu bei, die harte Arbeit der Ruf-Verbesserung zu beschädigen.
“Es gibt wenige zeitlose Konzepte, aber wenn man sich ständig ändert, ist das für den Gast auch verwirrend.”
Denkst Du, dass das klassische Restaurantmodell auf Dauer ein Auslaufmodell ist?
Auf keinen Fall. Ich denke, dass ein Restaurantbesuch mit mehreren Gängen und viel Zeitbeanspruchung immer noch ein Erlebnis ist, was man sich gerne ab und zu gönnen sollte. Aber für den Alltag ist es eben nicht mehr tauglich.
Was ist Deiner Meinung nach die beste Starthilfe für das eigene Projekt?
Wenn jemand zu mir kommt geht es ja meistens um den Bereich Fast Casual Dining, Fast Food bzw Street- Food. Dann empfehle ich immer, probiert euch als erstes auf unserem Street- Food- Festival aus. Dort sind die Investitionskosten total überschaubar. Wenn ihr dort Erfahrung gesammelt habt, macht mal zwei Wochen den LADEN EIN. Danach seid ihr so viel schlauer und besser vorbereitet als vorher. Vor allem wisst ihr genau wie gut euer Produkt ankommt.
Womit schafft es ein Bewerber beim Gastro-Gründerpreis Dein Gastronomen-Herz zu erobern?
Wenn ich Appetit bekomme bei der Präsentation und mir vorstellen könnte, ins Auto zu steigen und eine Stunde Fahrt in Kauf zu nehmen, um das Konzept auszuprobieren. Ich mache sowas schon mal ab und zu, wenn mich etwas wirklich reizt. Solche Konzepte wären natürlich mein Traum und hätten mich direkt auf ihrer Seite.